Weg frei: Knappschafts-Gewebebank Saar darf Augenhornhäute bundesweit abgeben

Hannover, Sulzbach 03.11.2016 – Riesen Fortschritt in der Gewebemedizin: Die Knappschafts Gewebebank Saar der Augenklinik Sulzbach (Saarland) hat eine wichtige Genehmigung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) bekommen. Sie darf neben herkömmlichen ab sofort auch vorpräparierte Hornhauttransplantate für DMEK bundesweit an Patienten vermitteln. Ohne diese Genehmigung der Bundesoberbehörde darf keine Gewebebank Augenhornhäute an andere Kliniken abgeben.

„Damit haben wir beim Aufbau der neuen Hornhautbank im Saarland in kurzer Zeit einen Meilenstein erreicht“, sagt Martin Börgel, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG). Die Sulzbacher Augenklinik und die DGFG haben die Gewebebank Saar gemeinsam aufgebaut.

„Die Erlaubnis der lokalen Behörde für die Aufbereitung von gespendeten Augenhornhäuten liegt bereits seit Juni vor“, sagt Professor Peter Szurman, Chefarzt der Augenklinik. „Jetzt können wir durchstarten und die Gewebebank Saar kann jede Anforderung an Hornhauttransplantate erfüllen.“

Damit sind die Knappschafts Gewebebank Saar und die DGFG-Gewebebank Hannover die derzeit einzigen Einrichtungen in Deutschland, die in der Gewebebank vorbereitete Hornhautlamellen für DMEK anbieten. „Bei der DMEK-OP muss der Arzt, im Gegensatz zur kompletten Hornhauttransplantation, nur eine ultradünne Schicht der Augenhornhaut ersetzen“, erklärt Chefarzt Szurman. Das Verfahren ist der Goldstandard in der Behandlung vor allem der Fuchs’schen Endotheldystrophie. Bisher präparieren Ärzte die Transplantate erst unmittelbar vor dem Eingriff im OP. „Dabei bestand aber immer die Gefahr, dass die Hornhaut einreißt“, sagt Börgel. Die DMEK-OP weist deutliche Vorteile gegenüber einer herkömmlichen Hornhauttransplantation auf. „Die Patienten können häufig schon nach einer Woche wieder besser sehen, eine zusätzliche Naht entfällt und auch das Risiko der Abstoßung ist deutlich geringer“, ergänzt Professor Szurman. Bei einer normalen Hornhauttransplantation dauere es oft über ein Jahr, bis der Patient wieder gut sehen kann.

Prof. Dr. Peter Szurman, Chef der Augenklinik Sulzbach und der Gewebebank Saar (Foto: Knappschaftsklinikum Saar)

Prof. Dr. Peter Szurman, Chef der Augenklinik Sulzbach und der Gewebebank Saar.

Liquid-Bubble-Technik als weitere Innovation der Gewebebank Saar

Die Genehmigung des PEI umfasst zwei Präparationsmethoden im hochsterilen Reinraum. „Bei der von uns entwickelten Liquid-Bubble-Technik trennen wir die ultradünne Hornhautschicht mittels einer eingespritzten Flüssigkeit äußerst schonend ab“, sagt Professor Szurman. Alternativ könne das Endothel, die innere dünne Schicht der Hornhaut, auch mittels mikrochirurgischer Instrumente abpräpariert werden. Beide Verfahren dürfen sowohl in Sulzbach als auch in Hannover eingesetzt werden. Noch vor Jahren hätten Ärzte bei einer Transplantation die gesamte Hornhaut ersetzen müssen. „Jetzt reicht ein winziger, nur wenige Millimeter große Schnitt, um das hauchdünne Transplantat ins Auge einzubringen“, erklärt Professor Szurman.

Voraussetzung für jede Transplantation ist aber nach wie vor die Gewebespende eines verstorbenen Menschen. „Fast jeder in einem Krankenhaus Verstorbene kann seine Augenhornhaut spenden“, sagt Börgel. Pro Jahr transplantieren Ärzte in Deutschland nach Informationen der DGFG etwa 6.000 Hornhäute. Mehr als die Hälfte der Operationen sind inzwischen lamelläre Transplantationstechniken, vor allem die DMEK. Auch an der DGFG geht diese Entwicklung nicht vorbei. Die gemeinnützige Gesellschaft hat 2015 über 2.700 Hornhäute an Patienten vermittelt, knapp die Hälfte für lamelläre Operationen. Die Wartezeit auf ein Transplantat ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich zurückgegangen.

Modernste Hygienestandards erfüllt

Die Knappschafts Gewebebank Saar verfügt über eine der modernsten Reinraumanlagen in Deutschland. Die Hygienestandards sind deutlich höher als vom Gesetzgeber gefordert. Der Ausbau der Gewebebank und alle Zulassungsverfahren erfolgten gemeinsam mit der DGFG.

Die DGFG ist eine unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft, die seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland fördert. Die DGFG hat seitdem ein bundesweites Netzwerk zahlreicher deutscher Kliniken, Gewebebanken und transplantierender Einrichtungen aufgebaut. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Gesellschafter sind vier Universitäten – Anstalten des öffentlichen Rechts: das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover sowie die Universitätsmedizin Rostock. Mehr als 60 Krankenhäuser unterstützen das Netzwerk der DGFG durch die Meldung möglicher Gewebespender.