Mehr als 2.500-mal ein Ja zur Gewebespende!

Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation veröffentlicht Jahresbericht 2017.

Hannover, 25.07.2018 – Die Transplantationsmedizin ist auch heute, elf Jahre nach Inkrafttreten des Gewebegesetzes, immer noch stark von der Gewebespende abhängig. Augenhornhaut- oder Herzklappentransplantationen schenken jedes Jahr tausenden Patienten Hoffnung auf ein Leben ohne Einschränkungen. Für diese Therapieoptionen bedarf es einen uneigennützigen Akt der Hilfe: die Gewebespende. Mehr als 32.000 Meldungen potentieller Gewebespender gingen im letzten Jahr bei der gemeinnützigen Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) ein. Fast 7.000 Gespräche wurden mit Angehörigen geführt. 2.523-mal lag eine Zustimmung zur Gewebespende vor und die DGFG konnte 2.340 Gewebeentnahmen realisieren.

In mehr als 70 Prozent der Fälle treffen die Angehörigen ihre Entscheidung für oder gegen eine Gewebespende anhand ihrer eigenen Wertvorstellungen oder anhand des von ihnen vermuteten Willens des Verstorbenen. „Das bedeutet, dass in 70 von 100 Fällen die Angehörigen in dieser ohnehin schon schwierigen Situation auch mit dieser Frage alleine dastehen. Das muss nicht sein, wenn jeder bereits zu Lebzeiten eine Entscheidung trifft und diese seinen Angehörigen mitteilt. Ein ausgefüllter Organ- und Gewebespendeausweis ist gut, gefragt werden dennoch die Angehörigen. Sie sind diejenigen, die über diese Entscheidung Bescheid wissen müssen“, betont Martin Börgel, Geschäftsführer der DGFG. In Deutschland gilt seit 2012 sowohl für die Organ- als auch für die Gewebespende die im Transplantationsgesetz verankerte Entscheidungslösung. Ist der Wille des Verstorbenen nicht bekannt, dürfen die Angehörigen im Sinne des Verstorbenen entscheiden. „Dass diese Lösung für viele Angehörige sehr belastend ist, das erfahren wir jeden Tag aufs Neue.“

Bitte nicht vergessen: Auch Gewebe können gespendet werden!

Vor zwei Jahren wurde auch Familie Spohn gefragt, ob ihr Ehemann und Vater einer Gewebespende zugestimmt hätte. Es bestand die Möglichkeit, eine Augenhornhautspende durchzuführen. Familie Spohn wusste glücklicherweise um den Willen ihres Familienmitglieds Bescheid. „Wir hatten beide schon seit vielen Jahren einen Organ- und Gewebespendeausweis. Ich wusste um seinen Willen Bescheid. Bei meinem Mann war zwar keine Organspende möglich, doch umso mehr hat es mich und meine Tochter gefreut, dass noch die Spende seiner Augenhornhäute möglich war. Heute freuen wir uns, dass dadurch noch zwei Menschen den Blick auf die Welt haben und wieder sehen können“, sagt Ingrid Spohn. Viele Menschen wissen nicht, dass neben Organen auch Gewebe, dazu gehören Augenhornhäute, Herzklappen, Blutgefäße, Knochen, Weichteilgewebe wie Knorpel, Sehnen, Bänder und Haut, nach dem Tod gespendet werden können und der Hirntod dabei keine Rolle spielt. Gewebe werden im Unterschied zu Organen nicht durchblutet und können so auch nach Herz-Kreislauf-Tod gespendet werden. 2.080 Menschen, das sind fast 90 Prozent aller Gewebespender im Netzwerk der DGFG, waren Herz-Kreislauf-Verstorbene. Nur 233 Menschen waren Organspender, die an einem Hirntod verstorben sind. Gewebespenden sind auch nach vielen Krebserkrankungen oder bei einem hohen Lebensalter möglich. Mehr als die Hälfte der Gewebespender war in 2017 75 Jahre alt oder älter.

Kliniken meldeten der DGFG mehr als 32.000 potentielle Gewebespender

Insgesamt meldeten auf der Basis des Gewebegesetzes im letzten Jahr die mehr als 80 Kliniken, mit denen die DGFG in der Gewebespende deutschlandweit kooperiert, über 32.000 potentielle Gewebespender. 2.340 Gewebespenden konnte die DGFG realisieren. Mehr als 90 Prozent der gespendeten Gewebe waren Augenhornhäute. Eine Augenhornhautspende kann bis zu 72 Stunden nach Todeseintritt durchgeführt werden, was mehr Zeit für die Organisation, die Aufklärung der Angehörigen und die Entnahme bedeutet. Bei Herzklappen und Blutgefäßen ist das Zeitfenster mit 36 Stunden wesentlich kleiner. Gleichzeitig ist der Bedarf dieser Gewebe in der Transplantationsmedizin nach wie vor sehr hoch. Experten gehen davon aus, dass jedes Jahr mehr als 500 Herzklappen und Blutgefäße benötigt werden, um Patienten operativ versorgen zu können. Diese Gewebe stammten bisher aus der Organspende. Die DGFG ist dabei, an mehreren Standorten ein Programm zur Spende kardiovaskulärer Gewebe (KVG) bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen zu etablieren, um den Spenderpool zu erweitern und so die Versorgung der oft sehr eingeschränkten Patienten zu verbessern. Die DGFG konnte 2017 insgesamt 58 Herzklappen und 69 Blutgefäße zur Transplantation vermitteln.

Anzahl der Gewebespender seit Bestehen fast verdreifacht

Im letzten Jahr feierte die gemeinnützige Organisation ihr zehnjähriges Bestehen. Im Grunde widmet sie sich schon seit mehr als 20 Jahren der Aufgabe, Gewebespenden zu realisieren und die Versorgung der Patienten mit Gewebetransplantaten voranzutreiben. „Seit 1997 fördert die DGFG, damals noch als hundertprozentige Tochter der Deutschen Stiftung Organtransplantation, die Gewebespende. An unserer Zielsetzung, dem Mangel an Gewebetransplantaten durch eine transparente, offene und gemeinnützige Struktur zu begegnen, hat sich nichts geändert“, sagt Börgel. Die Anzahl der Gewebespender hat sich seit Gründung der DGFG in 2007 fast verdreifacht. Durch die kontinuierlich steigende Anzahl an Gewebespendern konnte die DGFG in den letzten Jahren auch immer mehr Patienten mit Geweben versorgen. Mehr als 23.000 Patienten haben seit 2007 eine Augenhornhaut aus dem Netzwerk der DGFG erhalten.

Die DGFG

Die DGFG ist eine unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft, die seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland fördert. Auf der Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten Warteliste. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg.

Den Jahresbericht 2017 können Sie hier bei uns bestellen.

Kristin Becke, M.A.

Kristin Becke, M.A.

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

0511 563 559 355
0170 200 76 00